Bahnbrechende Einblicke in die Entwicklung des Universums

Am 19. März 2025 hat die Euclid-Mission der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ihre ersten öffentlichen Daten veröffentlicht, die bahnbrechende Einblicke in die Struktur und Entwicklung des Universums bieten. Unter den Millionen von beobachteten Galaxien bietet Euclid eine detaillierte Vorschau auf kosmische Netzstrukturen, Gravitationslinsen und Klassifizierungen von Galaxien. Schweizer Forschungsinstitutionen spielen bei der Euclid-Mission eine zentrale Rolle, indem sie entscheidende Technologien, modernste Algorithmen und Berechnungsinfrastrukturen beisteuern und so unser Verständnis von dunkler Materie und dunkler Energie wesentlich verbessern.
Die Euclid-Mission schlägt ein neues kosmisches Kapitel auf: Die im Juli 2023 gestartete ESA-Mission Euclid soll mehr als ein Drittel des Himmels kartieren, um das mysteriöse dunkle Universum zu erforschen. Die aktuelle Datenveröffentlichung umfasst Beobachtungen von 26 Millionen Galaxien und identifiziert Hunderte von Gravitationslinsenkandidaten, was die Bedeutung der Mission für die astrophysikalische und kosmologische Forschung unterstreicht. Darunter befindet sich eine bemerkenswerte Entdeckung – ein vollständiger Einstein-Ring, ein aussergewöhnliches Beispiel für Gravitationslinsen, das das wissenschaftliche Potenzial von Euclid anschaulich demonstriert.
Universität Zürich entwickelt neue Simulationen

Das Institut für Astrophysik der Universität Zürich (UZH) ist eines der führenden Zentren für grossangelegte numerische Simulationen im Rahmen der Euclid-Mission. Mitglieder des Instituts, darunter Prof. Joachim Stadel und Dr. Doug Potter, entwickelten und optimierten die Simulationssoftware, mit der erstmals die Grenze von mehreren Billionen simulierter Teilchen überschritten wurde. Diese rekordverdächtige Euclid-Flagship-Simulation, durchgeführt auf dem Schweizer Hochleistungsrechner «Piz Daint» am nationalen Supercomputing-Zentrum (CSCS), stellt mit bisher unerreichter Genauigkeit die Verteilung der Materie im Universum dar.
Die Zürcher Simulationen waren unverzichtbar für die Entwicklung und Validierung der komplexen Datenanalyseverfahren von Euclid – ein entscheidender Schritt, da die Analysepipeline bereits vor der eigentlichen Beobachtungsphase fertiggestellt sein musste. Dr. Aurel Schneider von der UZH ist zudem Co-Leiter der Euclid-Arbeitsgruppe für kosmologische Simulationen, die diese anspruchsvollen Berechnungen wissenschaftlich koordiniert und begleitet.
Im Hinblick auf diese und weitere Datenveröffentlichungen entwickelt die Universität Zürich derzeit neue, hochmoderne Simulationen, die verschiedene Szenarien für Dunkle Energie und Dunkle Materie betrachten. Zusätzlich werden innovative Methoden auf Basis maschinellen Lernens entwickelt, die künftig bei der Auswertung der Euclid-Daten eingesetzt werden. Damit leistet sie einen wesentlichen Beitrag zum übergeordneten Ziel der Euclid-Mission: die wahre Natur des dunklen Universums zu
entschlüsseln.
Universität Genf berechnet die Entfernung der Galaxien
Astrophysiker und Kosmologen der Universität Genf UNIGE waren massgeblich an der Ausarbeitung der wissenschaftlichen Hauptziele von Euclid beteiligt. Gemeinsam mit dem Schweizer Unternehmen APCO Technologies waren sie federführend bei der Konstruktion eines Teils des hochauflösenden VIS-Imagers, eines hochpräzisen und hochzuverlässigen Shutters, der die wissenschaftlichen Belichtungen des Instruments steuert. Die UNIGE ist auch für die Entwicklung und Implementierung eines Schlüsselalgorithmus für die genaue Bestimmung von Entfernungsindikatoren von Galaxien sowohl für die kosmologische Wissenschaft als auch für die Untersuchung der Galaxienentwicklung verantwortlich. Die UNIGE ist auch dank ihrer Infrastruktur für Hochleistungsrechner (HPC) eines der zehn Datenzentren, in denen die Verarbeitung der Euclid-Daten stattfindet.
In einem Paper stellt etwa Dr. Marco Tucci die Pipeline vor, die für die Schätzung von Entfernungsindikatoren und physikalischen Eigenschaften von Quellen in Euclid Q1 verwendet wird. Dr. Federica Tarsitano leitete die Auswahl roter Quasare, die als Schlüsselphase in der Koevolution von Galaxien und ihren zentralen Schwarzen Löchern gelten und wie kosmische Chamäleons wirken, da sie sich hinter dicken Staubwolken verstecken, die sie rot erscheinen lassen. Ihre Arbeit zeigt, dass die überlegene Tiefe und Auflösung von Euclid die Identifizierung von Quellen verbessert, die zu den rötesten und am stärksten verdeckten im Universum gehören.
Die FHNW analysiert Gravitationslinsen
Die Hochschule für Informatik FHNW leitet die Entwicklung des Euclid HPC-Frameworks, eines hochentwickelten Software-Stacks, der auf neun Supercomputern in Europa und den USA läuft. Alle Euclid-Daten werden mit diesem Software-Stack orchestriert und verarbeitet, was ihn zum Rückgrat der Euclid-Bodensegment-Verarbeitung macht. Diese Software, die vom Team um den FHNW-Datenwissenschaftler Simon Marcin entwickelt wurde, sorgt für eine effiziente Berechnung der umfangreichen Algorithmen, die von den Euclid-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern verwendet werden, und ermöglicht eine zeitnahe Analyse der umfangreichen Datensätze der Mission.
Unter der Leitung von Dr. Karina Rojas ist die FHNW auch Teil des Teams, das dank der Kombination von künstlicher Intelligenz und Citizen Science über 500 neue Kandidaten für Gravitationslinsen in einer Million Galaxien entdeckt hat. Insbesondere hat das Team vier aussergewöhnliche Linsen mit zwei Quellen identifiziert, die als «Jackpot»-Linsen bekannt sind. Diese Leistung hat unseren kosmischen Heuhaufen in eine kleine Schatztruhe verwandelt, die in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen wird.